Im Test: Broken Age

Point’n’Click Adventure hatten Anfang der 90er eine Hochkonjunktur. Die besten Exemplare des Genres kann man wohl an einer Hand abzählen: Die Monkey Island Reihe, sowie Maniac Mansion. Verantwortlich für die beiden Serien war Tim Schaefer, damals noch bei (bzw. für) Lucas Arts tätig. Er verstand es aber, die Adventures mit Witz (mit einem leichten Hang zum Absurden) und Verstand zu kreieren. Dazu kam noch eine Prise Rätselspaß. Kein wunder also, dass sich vor allem Monkey Island auch heute noch einer großen Beliebtheit erfreut.

Mit der „Erfindung“ des Action-Adventure Genre Mitte/Ende der 90er, (wie etwa mit Tomb Raider), verschwanden leider die teilweise doch sehr unterhaltsamen Point’n’Click Adventure aus dem Portfolio der Spieleentwickler und Publisher. Ballern stand im Vordergrund. Rätsel gab es nur noch vereinzelt und sehr rudimentär. Kernelemente, wie Dialoge führen, an Hand von diversen Antwortmöglichkeiten, gab es überhaupt nicht mehr. Wurde doch damit die Story vorrangig erzählt. Eigentlich ziemlich schade. Wenn man so will, ging damit ein wenig Kultur „den Bach runter“: Ich will jetzt nicht sagen, dass das Genre komplett ausgestorben ist, aber wirklich gute Point’n’Click Adventures, waren in den 2000er Jahren wahrlich mehr als Mangelware.

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Es war somit eine Freunde, als Tim Schafer, nun Chef von Double Fine, 2013 mit Broken Age die Rückkehr des klassischen Adventures ankündigte. Man durfte sich auf ein Adventure, mit einer leicht abgedrehten, aber schöner Story mit witzigen Dialogen freuen. Um das Projekt finanzieren zu können, rief man eine Kickstarter Kampagne ins Leben. Hier gab es für viele schon den ersten Dämpfer, denn bereits zu Beginn wurde angekündigt, dass man das „Gesamterlebnis“ auf 2 einzelne Portionen aufteilen möchte. Jedoch versprach man, dass dies durchaus seinen Sinn hätte.

Nun, einige Monate später, sind nun beide Episoden von Broken Age endlich für die PS4 erhältlich, nachdem PC und Mac User, wie gewohnt, als erstes bedient wurden. Ob sich die lange Wartezeit gelohnt hat?

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Story mit angezogener Handbremse

In Broken Age gibt es nicht nur einen Handelsstrang, sondern gleich zwei. So schlüpft man somit auch in die Rolle von ebensoviele Hauptcharakteren, die beide nicht wirklich zufrieden mit ihrer aktuellen Lebenssituation sind.

Zum einem haben wir die junge Vella. Eigentlich könnte das Leben so schön sein, gäbe es auf ihrem Planeten nicht eine etwas makabere Tradition. Ein großes Monster namens Mog Chothra sucht in regelmäßigen Abständen die Dörfer des Planeten heim. Damit nun die Dörfer, samt den Einwohnern, nicht fürchten müssen, dem Erdboden gleich gemacht zu werden, werden alle 14 Jahre ein paar junge Mädchen ausgewählt, die man dem Monster als Opfer anbieten möchte. Als junge Maid zu sterben ist natürlich eine große Ehre und so veranstaltet man ein großes Fest für die gesamte Dorfgemeinschaft.

Irgendwie findet Vella das nicht wirklich großartig, wohl auch weil sie dieses Jahr als Opfer „dran glauben“ muss. Ihrer Meinung nach, sollte man das nicht weiter hin nehmen. Mog Chothra muss ihrer Meinung nach besiegt werden. Allerdings stößt sie dabei auf herben Widerstand innerhalb der Bevölkerung…

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Auf der anderen Seite haben wir den jungen Shay. Er führt ein behütetes Leben, ganz alleine af einem Raumschiff. Der große Schilfcomputer bemuttert ihn wie ein kleines Baby und dementsprechend sieht auch die Inneneinrichtung des Schiffs aus. Shay muss sich um nichts kümmern und auch keinerlei Verantwortung übernehmen. „Mutter“ könnte es nicht ertragen, dass sich ihr „Sohn“ ein „Aua“ zufügen könnte.

Damit nun das Leben nicht all zu langweilig ist, darf Shay überaus „spannende“, simulierte „Rettungsmissionen“ erfüllen. So gilt es zum Beispiel beinahe täglich 2 Kreaturen aus einer Eislawine zu befreien. Zum Glück handelt es sich hierbei um das beste Speiseeis und so löffelt Shay sich bis zu den Verschütteten durch, um diese aus ihrer „Not“ zu befreien (Anscheinend macht sich „Mutter“ aber keinerlei Sorgen über die Gefahren von Diabetes).

Shay hat sowas von die Schnauze voll. Er würde wohl alles dafür geben, um aus dem täglichen Trott ausbrechen zu können. Wie gut, dass er eines Tages auf einen blinden Passagier trifft…

Beide Geschichten scheinen zu Beginn mit einander wenig zu tun haben. Doch man darf eine überraschende Wendung erwarten. Aus dem Grund ist wohl Shays Teil der Story auch dann erst so richtig spielbar, wenn man sich länger mit Vella auseinander gesetzt hat. Im Prinzip erlaubt aber Broken Age, zwischen den beiden Protagonisten hin und her zu wechseln. Im ersten Akt „profitiert“ man davon allerdings nur wenig. Meine Empfehlung ist hier auch erstmal die Geschichte von Vella komplett durchzuzocken, bevor man sich Shay widmet. Bereitet euch auf „Aha“-Effekte vor.

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Ein Adventure wie aus der guten alten Zeit

Gesteuert wird mit dem klassisch anmutenden „Kreuz-Curser“. Damit schickt man nicht nur die Protagonisten auf dem Bildschirm umher, sondern interagiert auch mit den Objekten im Spiel und wählt sich durch die Dialog-Zeilen.

Eine Revolution stellt hier Broken Age nicht da, muss auch nicht. Wie damals klickt man sich durch die Objekte und versucht diese mit einem anderen Objekt zu kombinieren, um etwa ein Rätsel zu lösen, oder benutzt sie mit den Charakteren, die einem in der Story über den Weg laufen. Eben das klassische Point’n’Click Prozedere, wie aus den guten alten Zeiten.

Waren damals die „Rätsel“ noch einigermaßen knackig, hat man bei Broken Age den Schwierigkeitsgrad leider etwas heruntergeschraubt. All zu lange sollte man nicht mit des Rätsels Lösung verbringen. Die Anzahl der Items, die man aufsammeln kann, ist ohnehin nicht sonderlich groß und so probiert man die relativ wenigen Auswahlmöglichkeiten durch, um ans Ziel zu kommen. Man muss auch gar nicht mal großartig „um die Ecke denken“, oder absurde Kombinationen, wie man sie etwa aus Monkey Island kennt“ durchprobieren. Die Lösungen sind allesamt „logisch“ und auch für das jüngere Publikum mehr als begreifbar.

Charme und Anmut

Das Art Design von Broken Age mag vielleicht auf dem ersten Blick etwas ungewöhnlich erscheinen, lässt man aber mal die handgezeichneten Grafiken länger auf sich wirken, mehr erkennt man, mit wie viel Liebe her gearbeitet wurde. Die visuelle Darstellung erhält eine ungewöhnlich hübsche „Plastizität“ und mit der Zeit erhält man den Eindruck, als würde man einen erstklassig animierten Trickfilm spielen. An allen Enden und Ecken strotzt es nur so vor Details. Die gesamte Spielwelt versprüht einen unnachahmlichen Charme, den man einfach liebgewinnen muss.

Ebenfalls großartig gelungen ist der orchestrale Soundtrack des Spiels, der die verschiedenen Stimmungen der Story wirklich überragend widerspiegelt. Ebenfalls ziemlich gut (auch in der deutschen Fassung) ist die sprachliche Vertonung gelungen. Wer lieber die englische Originalfassung spielen möchte, darf diese gerne innerhalb der Optionen aktivieren. Hier gibt’s dann markante und berühmte Stimmen, wie etwa Elijah Wood (übernimmt die „Rolle“ von Shay), Jennifer Hale, Jack Black, oder Wil Wheaton zu hören.

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Fazit

Leider gibt es leider doch etwas zu bemängeln: Broken Age ist relativ schnell durchgespielt. Pro Akt (2 gibt es) kann man gut und gerne 3 Stunden anrechnen. Die Rätsel sind leider auch ein wenig zu einfach Dennoch kommt der Humor nicht zu kurz, auch wenn Broken Age eher ein „ernsteres“ Thema behandelt, als die bisherigen Adventures aus Tim Schäfers Mastermind. Auch die „Ausflüge“ ins Absurde sind witzig, gleichzeitig stimmen diese aber auch sehr nachdenklich, was aber insgesamt für eine geniale Mischung sorgt.

Adventure (und Tim Schaefer) Fans erhalten mit Broken Age definitiv ein schönes Spiel präsentiert. Die Story beginnt vielleicht Anfangs etwas langsam, entfaltet sich aber zur Mitte hin immer mehr. Frust kommt eigentlich keiner auf, ausser, wenn man das Ende erreicht hat und nach einer Zugabe verlangt, die leider ausbleibt.

Broken Age ist ein schöner Ausflug nach „Absurdistan“, der einen fesselt und ein Bad der Gefühle auslöst.

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