Guten Morgen, Genossen! Auch heute bricht ein neuer, herrlicher Tag an. Ein Tag voll Arbeit, zum Wohle für das Volk und Mutter Russland! The Tommorrow Children ist wohl ein eigenartiger, bedrückender Minecraft Klon, wenn man so will. Die Spielwelt ist so surreal und vollgepackt mit marxistischen Idealen, was während des Spielens ein unwohnliches Gefühl verbreitet.
Die Spielfiguren, in die man selbst, wie aber auch alle anderen Mitspieler des seltsam anmutenden MMOs schlüpfen, sind allesamt Klone eines Menschentypus. Die Menschheit selbst wurde beinahe vollständig in den 1960er Jahren auf Grund eines verheerend schief gelaufenen Experiments dahin gerafft. Was übrig blieb, war „die Leere“ und eine extrem glatt gebügelte, hochpolierte Landschaft, die sich nur auf das Wesentliche konzentriert: Ein kleines Lager, mit ein paar Einrichtungen für das arbeitende Volk. Abseits des Hauptquartiers befinden sich „Inseln“, Gebilde, die teilweise schlechten Träumen entstanden sind. Auf diesen Inseln befindet sich quasi der Arbeitsplatz der Klone. Dort graben sie Stollen in das Gestein, stets auf der Suche nach dringend benötigten Rohstoffen. Manchmal findet man dort auch Matrjoschkas, diese kleinen, russischen Holzpüppchen. Diese Holzfiguren sind quasi das höchste Gut, das man überhaupt in „der Leere“ finden kann, denn in ihnen befinden sich „eingefroren und für die Ewigkeit haltbar gemacht“ die letzten echten Menschen. Diese gilt es wieder zum Leben zu erwecken, damit die letzte Bastion der Menschheit wieder „erblühen“ kann.
Doch es gibt diverse Hürden zu überwinden. Dabei ist Dunkelheit noch die geringste. Spärlich ist das Lager der Klone ausgeleuchtet und auf den Inseln gibt es (es sei denn, irgendwer hat einen leuchtenden Pilz ausgegraben) überhaupt kein Licht. Schlecht für die Klone, denn ohne Licht können sie nicht überleben. An sich nicht unbedingt ein Problem, da wir ja nur einen Klon spielen, doch der Weg zurück ins Leben kostet uns nicht nur das Leben und den Inhalt unserer Taschen, sondern es gibt auch ein kräftiges Minus auf unserem „Arbeitskonto“. Besser ist es, wenn man noch etwas Kleingeld in der Tasche hat, mit dem man quasi diesen „Behördengang“ umgehen kann.
Schlimmer als dieses „Einzelschicksal“ ist es natürlich, wenn unsere Stadt… beziehungsweise das Lager… bedroht wird. Nicht selten kommt es vor, dass wirklich riesige Flugwesen, die aussehen, wie Rochen, über uns hinweg schweben und vernichtende Bomben abwerfen. Auch groß, aber auf Grund der leichten Panzerung eher harmlos, sind die Mech-Spinnen, die unser Lager auffressen wollen. Diese lassen sich aber noch ganz easy mit dem Schrotgewehr (die Standardbewaffnung der Kriegerklasse) bekämpfen. Etwas mehr Feuerkraft wird für die Haus hohen Godzilla ähnlichen Monster benötigt. Hier müssen alle zusammen arbeiten… eben zum Wohle der Allgemeinheit. Während die Krieger ihre Bazookas aus der Tasche holen, können Ingenieure helfen, in dem sie Gefechtstürme erschaffen. Vorausgesetzt, es gibt hierfür genügend Rohstoffe.
Das sammeln dieser Güter ist der Kern des Spiels, wenn dieser allerdings auch relativ umanspruchsvoll daher kommt. Wer buddelt schon gerne stundenlang Löcher in Felsen für Gold und Kohle? Kein Holz mehr da? Dann fällen wir schnell eben einen Apfelbaum. Doch… oh… nicht zu viele Apfelbäume fällen, denn die darauf wachsenden Äpfel werden für die Menschen benötigt, oder dienen als Rohstoffe, für diverse Güter, die man an den Automaten herstellen kann… wie etwa kleine Apfelbaumplänzchen.
Die Komplexität des Spiels erschließt sich einem erst nach und nach. Anfangs eiert man irgendwie rum, probiert Dinge aus und schaut anderen Spielern bei der Arbeit zu. Mit der Zeit allerdings entwickelt man ein Gefühl für die Gemeinschaft, erledigt auch stumpfsinnige Arbeiten, nur um einen Beitrag für die Gesellschaft zu leisten. Repariert Gebäude, sofern die dafür benötigten Rohstoffe vorhanden sind, oder läuft einige Runden auf dem Laufband, damit die Energiereserven wieder aufgefüllt sind.
Damit das ein wenig „aufregender“ wird, verbirgt sich hinter der Energiegewinnung ein kleines Minispiel. Mit der R2 Taste versucht man mehr oder minder seinen Balken im „roten Bereich“ zu halten. Dieser rote Bedarfsbalken wandert hier allerdings mal auf und ab. Durchaus unvorhersehbar. Ständig ist man darauf bedacht, das Äusserste zu geben, zum einem, weil man in der verfügbaren Zeit so viel Strom wie möglich erzeugen möchte, auf der anderen Seite, weil man den Highscore knacken will. Auch der Bastelshop, mittels dem man aus den gesammelten Rohstoffen Güter für die Allgemeinheit herstellen kann (wie etwa Gefechtstürme, oder auch Hover-Bikes zu schnelleren Fortbewegung) wartet mit einem Minispiel auf den geneigten Spieler. Hierzu muss ein kleines Schiebepuzzle gelöst werden. Je „wertvoller“ das herzustellende Gut ist, desto mehr Puzzleteile gilt es in der richtigen Weise anzuordnen.
Problematisch ist hier allerdings, dass man nicht nur selbst Geduld für das Puzzle aufbringen muss, sondern auch alle anderen Einwohner, die ebenfalls etwas produzieren möchten. Generell gilt in „ The Tommorrow Children“: Bitte hinten anstellen und warten, bis du an der Reihe bist. An einem Versorgungsstand kann immer nur ein wertvolles Mitglied der Gesellschaft aktiv sein. Der Rest wartet eben. Während man in der Warteschlange steht, bleibt einem nichts anderes übrig, als in der Nase zu bohren. So lässt man eben das Vorhaben auch schon manchmal sein und widmet sich einem anderen Projekt.
Hauptsache, man ist irgendwie produktiv. Auch wenn man nur als Soldat meint, sein Glück zu finden, lohnt es sich dennoch, sich Bergwerksequipment zu besorgen, um wenigsten Rohstoffe in den ruhigen Zeiten zu suchen. Jede Aktion wird natürlich belohnt. Nach einer Reihe von Aktionen, darf man zum lokalen „Lohnbüro“ gehen und sich dort (nachdem man brav in der Schlange gewartet hat) sich seine Belohnung in Form von Rationen abholen. Mit diesen Rationen besorgt man sich natürlich neues Material (oder bessere Gegenstände), um noch produktiver für die Allgemeinheit dienen zu können. Neben besseren Waffen, oder Ausrüstungsgegenständen für die Arbeiterfront, gibt es auch verschiedene Automaten, an denen man sich diverse „Perks“ kaufen darf. Damit kann man sich zum Beispiel schneller bewegen, in der Dunkelheit arbeiten… oder sich an Warteschlangen vorbei mogeln.
Mit unter droppen im Spiel auch Zahlungsmittel, mit denen man im Schwarzmarkt sich Dinge gegen teures Geld kaufen kann. Das weckt natürlich den Neid der anderen Spieler, allerdings steigert dies wiederum auch den Antrieb, produktiver zu werden. Wer hätte denn nicht gerne echtes „Eigentum“, wie etwa einen praktischen Jetpack, oder ein Hover-Bike? Natürlich kann man, wenn man jetzt das Hover-Bike als Beispiel nimmt, darauf warten, bis irgendein Ingenieur eine Station baut… die dann von der Allgemeinheit benutzt werden kann. Allerdings sollte man sich nicht darauf verlassen, dass „die Allgemeinheit“ schon alles alleine regelt, denn schaut man sich mal um und würde jeder so denken, fällt der hübsche kommunistische Staat in sich zusammen, wie ein Kartenhaus. Und auf der anderen Seite sollte man nicht zu viele schlechte Votings sammeln, um dann im Gegenzug von den Gesetzeshütern unsanft aus der Gesellschaft entfernt zu werden (wohl dem, der noch etwas Schwarzgeld übrig hat, um die lokalen Beamten bestechen zu können).
Funktioniert die Gesellschaft gut, dann kann man nach vielen Stunden sehen, wie nicht nur die Bevölkerung wächst, sondern ach das Lager selbst. An allen Enden und Ecken erscheinen neue, großartige Gebäude. Brücken werden von den fleissigen Arbeitern gebaut, um schwer erreichbare Inseln besser erreichen zu können (in der Regel gibt es einen Shuttlebus, der einem über die Leere hinweg zum aktuellem Bergwerk bringt. Wagt man sich zu Fuß zu weit in die Leere hinaus, wird man vom Boden aufgesaugt und stirbt).
Jeder arbeitet, wo er nur kann, pflanzt Bäume, baut Einrichtungen für die Allgemeinheit und kümmert sich in erster Linie darum, dass die Menschheit, die man aus ihrem „Winterschlaf“ holt, einen Ort zum Leben hat.
Noch befindet sich The Tommorrow Children in der Alpha Phase und es wird wirklich spannend, wie sich das Spiel noch so entwickelt. Ob man es Spiel, oder „Gesellschaftsexperiment“ nennen will, steht nun wieder auf einer anderen Karten.
The Tommorrow Children wirkt einerseits steril, auf der anderen Seite glänzt das Spiel, wo es nur geht. Beeindruckende Lichteffekte warten nicht nur bei den Tag/Nacht-Wechseln, sondern auch in den dunklen Höhlen, die nur von fahlen Lichtern beleuchtet werden. Alles wirkt irgendwie „zum Angreifen“. Die Spielfiguren erwecken den Anschein, aus Holz zu bestehen, die Gebäude irgendwie aus Stahl und Plastik, das auf Hochglanz poliert wurde. Die Feuereffekte sind wunderschön (sollten allerdings nicht so oft vorkommen, wenn man eine blühende Stadt haben möchte… also lieber löschen!).
…ich muss unbedingt wissen, wie’s weiter geht!