Im Test: Bloodborne

Es war bei der zweiten Trophy, die ich mir nach einem harten Kampf verdient hat, als es bei mir „pling“ gemacht hat. Nicht wegen dem Trophy-Benachrichtigungston, sondern weil ich erst nach Stunden festgestellt hab, dass ich mit meinem japanischen Zweitaccount gespielt hab. Nochmals von vorne beginnen? Nach all der Arbeit? – Niemals. Die Souls-Titel und ich, waren seit Anbeginn mit einer gewissen Hass-Liebe verbunden. Ihr wisst schon: Dieses unheimlich große Frustpotential und das latente Gefühl, das Spiel niemals bis zum bitteren Ende zu spielen. Trophies sind ja nicht alles im Gamer-Leben, also wird brav weiter gezockt! Was ich da noch nicht wusste: Das Attribut „Hass“ wurde im Verlauf des Spiels restlos gestrichen.

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Dieser Weg wird kein leichter sein

Bloodborne ist, wie auch schon Dark und Demon’s Souls, der spielbare Albtraum, um den die Casuals einen mehr als weiten Bogen machen. Keine Pause-Taste, um sich während des Spielens kurz zu erholen, sich vielleicht eine Brause öffnen, oder nur kurz die Zeit nutzen, um ans Telefon zu gehen. Gerade letzteres wurde bei mir während des Kampfes gegen einen Boss-Gegner zum Verhängnis. Tja. Bloodborne kennt keine Gnade und am Besten ist es, dass man sich von der Aussenwelt abschottet, um sich voll und ganz auf das Spiel konzentrieren zu können.

Bloodborne spielt in der düsteren Stadt von Yharnam, dessen Setting leicht viktorianisch angehaucht ist. Schaurig, aber schön. Die Atmosphäre die dabei aufgebaut wird, ist so unheimlich bedrückend, dass man allein schon beim Zusehen eine leichte Gänsehaut bekommt. Verstärkt wird dies aber mit den Soundeffekten, die besonders zur Geltung kommen, wenn man mit dem Kopfhörer spielt, oder zumindest die Anlage weiter aufdreht. Ächzend und stöhnend hört man in der Ferne seine Feinde. Hört sie in den Gassen auf und ab schlürfen, hört, wie sie ihre schweren Waffen hinter sich her ziehen. Das wird mit Sicherheit kein vergnüglicher Ausflug. Die Nerven sind schon zum Zerreissen angespannt, bevor man überhaupt den ersten großen Angstgegner zu Gesicht bekommen hat.

Und das ist in gewisser Weise auch git so, denn jeder Gegner erfordert die komplette Aufmerksamkeit des Spielers. Jede Moves wollen analysiert werden, um nach irgendeinen Vorteil zu suchen, um diesen für sich nutzen zu können. Niemals sollte man einen Gegner unterschätzen, ihn vielleicht wegen seiner Körperfülle für langsam bezeichnen, denn nur einen kurzen Augenblick später, mag diese behäbige, langsam wirkende Gegner mit einer unfassbar tödlichen Sprungattacke auf einen losstürmen.

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Der Überraschungseffekt spielt eine weitere Rolle. Einmal nicht aufgepasst und schon spürt man, wie sich eine Heugabelsich tief in den Rücken bohrt. Hätte man sich lieber doch dreimal umgesehen. Gegner, die gleich in Gruppen auftreten, können einem das Leben schwer machen, auch wenn die Widerstandskraft des Einzelnen überschaubar ist. Da sollte man überlegt handeln, vielleicht mit Kieselsteinen einzeln den größeren Gegner aus der Gruppe herauslocken, um den Rest dann halbwegs ohne viel Blutverlust zu erledigen. Gut, dass es Blutphiolen gibt, mit denen man sich schnell wieder Gesund spritzen kann. Die gibt es zum Glück in einer ordentlichen Menge.

Bloodborne kümmert sich nicht großartig um eine Geschichte zu erzählen, Das Rätsel darf man schön selbst lüften – an Hand von Items, oder NPCs, die einem sehr hilfreich sein können, wenn man ihnen zuhört. Manchmal gibt es für die Erfüllung bestimmter Quests noch eine Belohnung in Form eines Items oben drauf.

Die Stadt Yharnam selbst ist riesig! Es gibt vielleicht so etwas wie einen „richtigen Pfad“, dem man folgen kann, allerdings sollte man immer seine Augen offen halten, um Alternativ-Routen zu erspähen. Verwundene Gassen beherbergen vielleicht doch das ein oder andere ziemlich nützliche Item, oder man schaltet eine hilfreiche Abkürzung frei, um den Weg zum Boss zu verkürzen, was besonders praktisch ist, wenn man bedenkt, wie schnell man sterben kann und sich so vielleicht 5 Minuten „Anfahrtsweg“ ersparen kann. Allerdings sollte einem auch klar sein, dass düstere Gassen, fernab der Hauptroute, auch ziemlich düstere Gegner enthalten können, die einem dort auflauern. Gegner, die so mächtig sind, dass man als Anfänger besser einen Bogen drum herum macht. Man kommt ja vielleicht später mit einem höheren Level nochmals vorbei.

Das ist, was Bloodborne auch ausmacht: Es gibt viele Areale, die man in und auswendig kennt, die nicht voller fürchterlicher Monster sind und sich so ziemlich gut zum Grinden eignen. Dann gibt es wiederum Gegenden, da will man nicht wirklich gut. Gegenden, in denen Bloodborne einen testet, ob man wirklich schon so weit ist, um weitere Fortschritte zu machen. Es ist ein zäher Weg, gepflastert mit Blut, Angstschweiß und Frust. Dann aber, wenn man einige Runden Gegner kloppen war, seinen Charakter aufgerüstet hat und nochmals sich in Gefahr begibt und dieses Mal erfolgreich ist, darf man sich auf einen gewaltigen Endorphin-Ausstoß freuen. Vielleicht gluckst man noch ein wenig vor sich hin, knuddeln seine Katze, trinkt einen Schluck und freut sich auf das, was kommen mag…

…einen kräftigen Tritt in den Hintern!

Der (Alb)Traum des Jägers

Zum Glück gibt es einen Ort in Yharnam, an dem man sicher ist (ausser man fügt sich selbst Schaden zu, wie man lustigerweise sehen kann, wenn man Bloodborne online spielt und sich die herumliegenden Replays der Geister anschaut). Hier kann man seine hartverdienten Blutechos, die man in erster Linie durch das Erledigen von Feinden gewinnt, ausgeben. Ganz oben auf der „Einkaufsliste“ sollte natürlich das Leveln der Attribute eures Charakters stehen. Aber auch die Waffen darf man im hübschen Häuschen auf dem Hügel aufrüsten, mit Blutedelsteinen verbessern und… reparieren. Auch Waffen leiden mit der Zeit und nach häufigen Gebrauch. Des weiteren gibt es den obligatorischen Items-Shop, Bei dem man sich mit allerlei Kram für den Kampf eindecken darf (Molotowcocktails, Gegengifte, Waffen, Rüstungsgegenstände… das Übliche eben). Später im Verlauf, wird es einen weiteren Händler geben, bei dem man nicht mit Blutechos, sondern mit Einsicht, die zweite Währung des Spiels, einkaufen darf. Dort findet man auch essentielle Items, die man für den Beitritt des Koop-Modus benötigt.

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Blutechorausch

Bevor man sich überhaupt in den Kampf stürzt, sollte man abschätzen, welchen Stil man bevorzugt. Hierzu gibt es auch die passenden Waffen, die vielleicht weniger Schaden austeilen, aber insgesamt schneller agieren können, ideal für den sportlichen Spieler. Oder man nimmt eine schwere Waffe, sollte aber auch darauf achten, dass man mehr Schaden einstecken kann und ebenfalls sollte man seinen Fokus auf die Ausdauer des Charakters setzen, denn schwere Waffen konsumieren schnell den grünen Balken bis auf das letzte Filzelchen. Jede Waffe lässt sich übrigens zu einer schwereren Zweihandwaffe transformieren, für noch mehr Schaden, was leider aber auf die Geschwindigkeit geht.

Immer mit dabei: Die Donnerbüchse. Diese praktische Waffe ist nicht unbedingt in erster Linie dazu gedacht, wild ballernd durch Yharnam zu laufen. Dazu gibt es ersten zu wenig Munition und zweitens ist angerichtete Schaden nicht all zu hoch. Was man aber damit wunderbar machen kann, ist den Gegner kurz zu schocken, um danach seinen Angriff zu starten. Ebenfalls können Angriffe des Gegners mit einem Schuss unterbrochen werden. Dies ist besonders für den PvP wichtig. Eine gute Kombination aus Nahkampf und Schusswaffentechnik, sollte sich jeder im Verlauf des Spiels aneignen (wohl auch, weil es im Spiel auch einige Gegner gibt, die die selbe Taktik gegen euch anwenden).

Was übrigens die eigene Taktik angeht, müssen Solls-Spieler vielleicht ein wenig umdenken. Waren in der vorherigen Titeln in Vorgehen mit Bedacht von Vorteil, ermuntert einem Bloodborne, dies über Bord zu werfen. Wer nicht wagt, der nicht gewinnt und so „fährt“ man in Bloodborne wirklich besser, selbst den ersten Angriff zu starten, noch bevor der Gegneroberhaupt weiß, dass man da ist (natürlich spielt ab und an das Anschleichen eine wichtige Rolle). Insgesamt fühlt sich Bloodborne dynamischer an, was es für Neulinge etwas zugänglicher macht.

Dennoch: Dem Risiko sollte man sich klar sein. Auch sollte man Gegner nie unterschätzen, auch wenn man meint, dass man nach ein wenig Leveln dem gewachsen sein sollte. Nein! Denn zu schnell verliert man seine Lebensenergie und vielleicht noch schneller, sein angesammeltes Blutecho, was vor allem dann schmerzt, wenn es sich nicht um ein paar Tausend Einheiten handelt, sondern vielleicht so viel, dass es einen höheren Level hätte geben können, wenn man im Traum des Jägers die Puppe besucht hätte.

Immerhin hat man einen Versuch, sich das verlorene Blutecho wieder zurück zu erobern. Irgendein Gegner, der zur Zeit am Tatort war, ist im Besitz des kostbaren Saftes. Ihn erkennt man sofort an den glühenden blauen Augen.

Was Bloodborne aber auch neu einführt, ist das „Regain“-System. Man verliert in der Regel nicht sofort seine Lebensenergie. Ein gewisser Anteil wird orange „vorgemerkt“. Man erhält nun die Chance, seine nächsten Angrifft zeitlich nahe zu setzen, um sich die Lebensenergie wieder zurück zu erbobern. Man spart sich hiermit wunderbar das Heilen mit den Blutphiolen, sofern man schnell und geschickt genug ist.

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Gemeinsam sterben

Gut, dass auch mein japanischer PSN Zweitaccount ein „+“ hat, denn dies ist Nötig, um Bloodborne online mit Koop-Partnern zu spielen. Hat man mal genug Einsicht gesammelt, kann man mit den dazu nötigen Items (Herausforderungsglocke, bzw „Kleine nachhallende Glocke“) selbst ein Koop-Match starten, oder sich einem Spieler, der nach einem Partner sucht, anschließen. Wer nicht so auf Koop steht und seine finstere Seite gerne mal zur Schau stellt, darf die „Finstere nachhallende Glocke“ läuten und den PvP Modus zu starten, beziehungsweise das Spiel eines anderen infiltrieren, für Ruhm und Ehre versteht sich. Fürchtet man sich vor Fremden, darf man natürlich seinen Koop-Partner ein Passwort geben, das man vorher in den Einstellungen festgelegt hat. Das gemeinsame Spielen geht dann soweit, bis man entweder den Boss gemeinsam besiegt hat, oder einer der Partner stirbt. Dann wird man ohne viel Umschweife wieder in seine eigene Welt teleportiert.

Fernab von Koop und PvP, bietet die Onlinevariante von Yharnam die üblichen „Blutpfützen“ gestorbener Jäger (viel Spaß bei den Replays) und jede Menge Nachrichten, die man mit seinem Notizbuch hinterlassen darf. Ein netter Zeitvertreib, wenn man mal kurz dafür Zeit hat.

Wer die Herausforderung sucht (und die nötigen Chalice Items in Besitz hat), der darf auch einen Ausflug in die zauberhaft düsteren, bockharten Chalice Dungeons wagen. Diese werden stets neu und zufällig generiert. Erwartet also nicht unbedingt einfache Speedruns oder dergleichen, mal davon abgesehen, dass es kein Sonntagsspaziergang wird. Wer einen richtig guten Dungeon aufgestöbert hat, darf diesen mit der Community teilen und natürlich darf man sich auch gleichermaßen die Dungeons anderer aus dem Netz laden (hierzu benötigt man nicht mal PS+).

Man kann auch die Chalice Dungeons im Koop spielen, wobei es hier eine kleinere Hürde gibt. Ein Koop-Match kann nur dann initiiert werden, wenn sich zufälligerweise ein anderer Spieler zufällig in der selbigen zufällig generierten Instanz des Dungeons befindet.

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Fazit

Wirklich viel Negatives, gibt es nicht wirklich. Am nervigsten sind vielleicht die längeren Ladezeiten, gerade, wenn man eine Menge stirbt (was mitunter unvermeidbar ist). Bei schrägen Kameraeinstellungen, die Objekte wie Gras, oder ähnliche Staffage-Objekte in den Vordergrund bringen, erscheinen ziemlich grobpixelig, was bei einem Spiel, das grafisch wirklich hervorragend ist, doch ein wenig Fragen aufwirft und unschön wirkt.

Ansonsten führt kein Weg um Bloodborne herum und sollte man noch keine PS4 besitzen, dann wäre dies der Grund, sich endlich eine zu besorgen!

Es wäre nicht richtig, Bloodborne (wie die anderen Souls-Spiele) nur auf das bockschwere Gameplay zu reduzieren. Ja, es ist nicht das leichteste Spiel auf der Welt und man wird jede Menge Frust erleiden müssen. Manchmal möchte man nur den Controller an die Wand klatschen, weil ein unfairer Move eines Gegners in nur einem Bruchteil einer Sekunde einem das Leben auspustet, oder man wegen der unfair platzierten Gegenstände in der Bossarena mal wieder hängen bleibt, ohne den Hauch einer Chance zu fliehen. Aber hat man mal die Hürden überwunden, wird das Belohnungszentrum im Hirn sowas von aktiv, als würde man mit Überraschungseiern gerade zu überflutet werden. Die Kämpfe sind richtig gut durchdacht, mit einer Priese Taktik und Wagnis, die man eingehen muss und Yharnam bietet so unheimlich viel Content und Dinge, die man erforschen kann.

Die Angst ist immer mit dabei, aber es ist eine Komponente, die das Spiel so unheimlich spannend macht und eine pure Freude, wenn sich die Angst plötzlich in Euphorie verwandelt und man nur noch aus dem Wohnzimmer laufen möchte, um den Leuten auf der Straße zu verkünden: „JAaaAhhaa, ich habe dieses Biest endlich besiegt!!!11elf“

Wirklich beeindruckend sind auch wieder die Monster geworden. Man möchte nicht wissen, was die Designer so alles einwerfen, aber: Hut ab! Die Mischung aus scheinbar harmlosen Gegnern (Alter Mann im Rollstuhl), bis hin zu blutrünstigen Bestien, die schlimmer als jeder Albtraum sind, ist einfach genial!

Wer einmal Blutgerochen hat, kommt von Bloodborne nicht mehr los. Ich freue mich auf die PS4 Version von Dark Souls 2, um das noch etwas härtere Abenteuer nochmals in „schön“ spielen zu können. Bloodborne hat definitiv jetzt schon den Titel „Spiel des Jahres“ verdient. Manche mögen das ja vielleicht nicht so sehen, aber manche finden ja auch Candy Crush Saga gut.

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